Fernlichtassistent

Das Fernlicht leuchtet die Fahrbahn bei Dunkelheit optimal aus. Allerdings wird diese Lichtfunktion nur selten genutzt, um entgegenkommende und vorausfahrende Verkehrsteilnehmer nicht zu blenden. Kamerabasierte Fernlichtassistenten lösen dieses Problem. Auf dieser Seite erfahren Sie die Funktionsweise der neuen Lichtassistenzsysteme und was beim Prüfen und Einstellen derselben zu beachten ist. Zudem können Sie hier nachlesen, was den Blausaum bei neuen Scheinwerfersystemen hervorruft.

Wichtiger Sicherheitshinweis

Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.  
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen

Adaptiver Fernlicht Assistent

Eine Weiterentwicklung des AFS-Systems mit statischen Lichtverteilungen ist die Kombination dieses Systems mit einer Kamera und einer entsprechenden Bildverarbeitung. Ein erster Schritt hierzu ist die adaptive Hell-Dunkel-Grenze (aHDG):

Mittels einer Kamera an der Frontscheibe werden vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge erkannt und die Scheinwerfer so gesteuert, dass der Lichtkegel vor den anderen Fahrzeugen endet. Dadurch kann die Reichweite des Abblendlichts von derzeit ca. 65 m auf bis zu 200 m (3-Lux-Linie) erhöht werden. Ist die Strecke frei, schaltet das System auf Fernlicht um, sodass jederzeit eine optimale Sicht für den Fahrer gegeben ist. Zusätzlich können über die vertikale Winkelinformation der relevanten Objekte im Kamerasichtfeld Informationen über die Streckentopografie gewonnen werden, sodass im Gelände mit Höhen und Tiefen die Ausleuchtung zusätzlich verbessert wird. Die Einstellung der möglichen Scheinwerferreichweite basiert auf der Kontrolle des Blendniveaus anderer Verkehrsteilnehmer. Eine störende Blendung wird so ausgeschlossen, und die maximale Abblendlichtverteilung wird geboten.

2. Funktion

Blendfreies Fernlicht mit vertikaler Hell-Dunkel-Grenze (vHDG)

Das Prinzip ist einfach: Fahren mit ständig eingeschaltetem Fernlicht.

Das herkömmliche Abblendlicht stellt einen Kompromiss dar. Es soll die Blendung anderer Verkehrsteilnehmer minimieren aber gleichzeitig dem Fahrer eine möglichst gute Ausleuchtung der Fahrbahn bieten. Doch bei höheren Geschwindigkeiten und ungerader Streckenführung ist die Ausleuchtung eines konventionellen Abblendlichts häufig nicht optimal.

Das sogenannte „Blendfreie Fernlicht“ folgt dem Prinzip eines ständig eingeschalteten Fernlichts, ohne dass der Fahrer befürchten muss, bei Gegenverkehr nicht rechtzeitig reagieren zu können oder entgegenkommende Fahrzeuge zu blenden.

Fahrzeugerkennung per Kamera

Mittels einer Kamera hinter der Frontscheibe werden entgegenkommende und vorausfahrende Fahrzeuge an deren Beleuchtung, bis zu einer Entfernung von 850 m (abhängig vom Fahrzeughersteller) erkannt. Die Kamera ist in Kombination mit einer Auswerteelektronik in der Lage, zahlreiche visuelle Aspekte der Verkehrssituation aufzuzeichnen, zu bewerten und Gefährdungen wahrzunehmen, um so auf veränderte Bedingungen zu reagieren.

Funktion des blendfreien Fernlichts

Die Scheinwerfer werden entsprechend der Bilddaten der Kamera angesteuert, so dass im Verkehrsraum blendungsgefährdete Verkehrsteilnehmer aus der Fernlichtverteilung automatisch ausgeblendet werden. Es entsteht ein „Lichttunnel“ indem das erkannte Fahrzeug im Dunkeln bleibt und die Lichtintensität nicht höher als ein Lux ist. Dieser Tunnel kann dem erkannten Fahrzeug sogar dynamisch folgen und ist in der Ausdehnung variabel. Der Bereich direkt vor dem Fahrzeug ist permanent durch eine dem Abblendlicht ähnliche Lichtverteilung ausgeleuchtet.

Anhand der Kameradaten und der intelligenten Ansteuerung der Scheinwerfer passt sich die Lichtverteilung automatisch der Verkehrssituation an, so dass für den Fahrer die Fernlichtverteilung erhalten bleibt, was im Vergleich zum normalen Abblendlicht eine deutliche Erhöhung der visuellen Reichweite bedeutet. Gefahrenquellen werden so frühzeitig erkannt und Unfälle vermieden.

3. Werkstatt-Tipps

Fernlichtassistent prüfen und einstellen

Bezüglich der Wartung von Fernlicht mit eingebauten Assistenzsystemen gibt es ganz unterschiedliche Varianten. Je nach Hersteller und Modell erfolgt bei klassischen Systemen eine Einstellung gemeinsam mit dem Abblendlicht oder eine separate Einstellung nach Herstellervorgaben. Neue hochmoderne Scheinwerfer-Systeme werden über Diagnosegeräte in Anbindung mit dem jeweiligen Steuergerät justiert.

Fernlichtassistenzsysteme

Je nach Hersteller müssen Fahrzeuge die mit einem Fernlichtassistenten ausgerüstet sind, gesondert behandelt werden. Bei einigen Herstellern wird das blendfreie Fernlicht zusammen mit dem Abblendlicht eingestellt. Eine Überprüfung des Systems erfolgt nur bei Kundenbeanstandungen. Bei anderen Herstellern ist die Überprüfung beziehungsweise Einstellung vorgeschrieben. Vor der Einstellung sollte das Fahrzeug gemäß den gesetzlichen Vorschriften (richtiger Reifendruck, korrekte Beladung, etc.) und Herstellerangaben vorbereitet werden. Für die anschließende Einstellung der vHDG ist es notwendig, die Scheinwerfermodule mit Hilfe eines Diagnosetesters in die Grundeinstellung zu bringen. Für einige Fernlichtassistenzsysteme ist auch ein spezieller Prüfschirm in einem analogen Scheinwerfereinstellgerät notwendig. Die SEG IV Serie von Hella-Gutmann-Solutions ist mit einem solchen Prüfschirm ausgestattet.

Die Scheinwerfermodule werden dabei in eine bestimmte Position gefahren und die vHDG angesteuert, wie hier in der Grafik am Beispiel des linken Scheinwerfers.

Nun muss die vertikale Linie der Lichtverteilung (orangener Pfeil) genau auf die Zentralmarke beziehungsweise die Nullinie des Prüfschirms eingestellt werden. Im Anschluss wird die neue Einstellung als Regellage gespeichert. Bei der vHDG ist eine korrekte Einstellung ein unbedingtes Muss, da ansonsten die anderen Verkehrsteilnehmer extremen Blendungen ausgesetzt sein können. Die Einstellung des rechten Scheinwerfers ist spiegelbildlich vorzunehmen.

Audi Matrix LED Scheinwerfer

Es gibt aber auch Scheinwerfer bei denen für die Einstellung der Fernlichtverteilung keine Einstellschrauben mehr zur Verfügung stehen. Wie zum Beispiel bei dem neuen Audi A8 mit Matrix Beam Scheinwerfer.

Herzstück der Matrix-LED-Scheinwerfer ist das mit einem Mechanik freiem System umgesetzte blendfreie Fernlicht. Es erlaubt dem Fahrer mit permanent eingeschaltetem Fernlicht zu fahren, ohne Gegenverkehr oder vorausfahrende Fahrzeuge zu blenden. Über eine Kamera werden vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge erkannt und durch das Abschalten oder Abdimmen einzelner LEDs in Sekundenbruchteilen aus der Fernlichtverteilung ausgespart. Der Einsatz der Matrix-Technologie ermöglicht es dabei erstmalig, mehrere Tunnel gleichzeitig zu öffnen, beispielsweise in dem Fall, dass mehrere entgegenkommende Fahrzeuge hintereinander fahren. Während diese ausgeblendet werden, leuchtet das Fernlicht alle Bereiche zwischen den Fahrzeugen sowie links und rechts davon weiterhin voll aus. Befindet sich kein Fahrzeug mehr im Sichtfeld des Fahrers, schaltet das System wieder auf volles Fernlicht um. Neben dem gezielten Ausblenden anderer Fahrzeuge passt sich der Lichtkegel des Matrix-Fernlichtes der Fahrsituation an, beispielsweise bei Kurvenfahrten. Hierbei wird die Intensität des Lichtkegels durch unterschiedliche Ansteuerung der LEDs in der Seite variiert oder auf die Fahrbahnmitte konzentriert. Damit verbessert sich die Sicht des Fahrers bei Nacht signifikant, gleichzeitig entfällt für den Gegenverkehr das Sicherheitsrisiko der Blendung.

Bei diesem Scheinwerfersystem sind 25 Einzel-LEDs für die Fernlichtverteilung verantwortlich. Jede dieser LEDs kann separat ein- oder ausgeschaltet werden. Um bei diesem Scheinwerfersystem die Lichtverteilung zu überprüfen beziehungsweise einzustellen ist ebenfalls ein Diagnosetester erforderlich. Nach den Vorbereitungen des Fahrzeugs, wird mit dem Diagnosetester eine einzelne LED eingeschaltet, die sogenannte „Master- LED“. Anhand der Position der Lichtverteilung, erfolgt die Bewertung. Bild 1 zeigt die korrekte Position der inneren Hell-Dunkel-Grenze an der Null-Linie vom Prüfschirm. Bei Abweichungen von dieser Position (Bild 2) muss der Korrekturwert (Abstand zur Null-Linie) über einen Diagnosetester an das betreffende Steuergerät übertragen werden. Die Abbildungen zeigen den linken Scheinwerfer. Die Bewertung des rechten Scheinwerfers ist spiegelbildlich vorzunehmen.

Hinweis zu dem sogenannten Blausaum

Dieses lichttechnische Phänomen wird immer wieder in verschiedenen Berichten thematisiert. Aber was steckt eigentlich genau dahinter? Als „Blausaum“ wird der Lichtanteil bezeichnet, der sich im Bereich der Hell-Dunkel-Grenze befindet und häufig eine blau-weiße Lichtfarbe aufweist.

Die Ausprägung und Intensität vom Saum ist von mehreren Faktoren abhängig. Hier einige Beispiele:

1. Linsenmaterial vom Projektionsmodul: Je nach Material der Sammellinse zum Beispiel Glas, PMMA oder PC, ist die Lichtbrechung beziehungsweise Lichtstreuung unterschiedlich. Dieses hat einen Einfluss auf die Lichtfarbe.

2. Position der Lichtquelle zur Strahlenblende: Lichtquellen sind in unterschiedlichen Abständen und Positionen (vertikal) zur Strahlenblende montiert. Dadurch wird das Licht unterschiedlich an der Strahlenblende „gebrochen“ oder „gebeugt“.Lichtquellen sind in unterschiedlichen Abständen und Positionen (vertikal) zur Strahlenblende montiert. Dadurch wird das Licht unterschiedlich an der Strahlenblende „gebrochen“ oder „gebeugt“.

3. Reflektions- oder Projektionssystem: Die Art und Weise der Lichtabstrahlung beziehungsweise Fokussierung hat ebenfalls einen Einfluss auf die Hell-Dunkel-Grenze. Ein Reflektionssystem hat in der Regel einen nicht so ausgeprägten Blausaum wie ein Projektionssystem. Grund dafür ist der sogenannte „Härtegrad“. Dieser beschreibt den Übergang von Hell zu Dunkel (Hell-Dunkel-Grenze). Aufgrund der Strahlenblende haben Projektionssysteme einen höheren Härtegrad.Die Art und Weise der Lichtabstrahlung beziehungsweise Fokussierung hat ebenfalls einen Einfluss auf die Hell-Dunkel-Grenze. Ein Reflektionssystem hat in der Regel einen nicht so ausgeprägten Blausaum wie ein Projektionssystem. Grund dafür ist der sogenannte „Härtegrad“. Dieser beschreibt den Übergang von Hell zu Dunkel (Hell-Dunkel-Grenze). Aufgrund der Strahlenblende haben Projektionssysteme einen höheren Härtegrad.

Entscheidene Fakten im Überblick

Bei der Überprüfung und Einstellung der Lichtverteilungen an modernen Scheinwerfern sind einige wesentliche Punkte zu beachten. Nur eine richtige Interpretation der Lichtverteilung, ermöglicht auch eine korrekte Einstellung. Daher ist die notwendige Fachkenntnis in diesem Bereich von immer größerer Bedeutung. Gerade bei den Fernlichtassistenzsystemen sind die herstellerspezifischen Vorgaben zu beachten. Auch die Einhaltung der Toleranzen bei der Standfläche vom Fahrzeug und dem Scheinwerfereinstellgerät ist unerlässlich. Nicht zuletzt wird auch das benötigte Equipment eine große Rolle spielen, denn nur mit Hilfe des Diagnosetesters und einem geeigneten Scheinwerfereinstellgerät, lassen sich moderne Lichtsysteme fachgerecht überprüfen und einstellen.

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